Zeichen und Wunder  

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Wolfram Kopfermann

Evangelisation mit Zeichen und Wundern

  1. Peter Wagner nennt in seinem Buch „Der gesunde Aufbruch“ eine Evangelisation mit Zeichen und Wundern eine „übernatürlich beglaubigte Evangelisation“. Im Amerikanischen begegnet uns dafür die Bezeichnung „power evangelism“. Sie ist im europäischen Raum besonders mit dem Namen John Wimbers (1934 – 1997) verbunden, der eine ihrer Leitfiguren war. Gemeint ist damit eine von Zeichen und Wundern als den Machterweisen des Heiligen Geistes begleitete und beglaubigte missionarische Erstverkündigung. Sie ist nicht die einzige Art der Verkündigung, die im Neuen Testament praktiziert wurde. Sie ist auch nicht die einzige Art, vollmächtig das Evangelium zu verkünden. Aber in der Kombination von geistlichem Wort und bestätigendem Zeichen ist sie äußerst wirksam.

Diese Art von Evangelisation möchte ich jetzt in 10 Einzelfragen näher beleuchten.

  1. Was ist denn Evangelisation?

Evangelisation ist nicht jede Predigt, nicht jede Verkündigung, sondern nur eine ganz bestimmte Art der Verkündigung. Evangelisation ist eine Verkündigung, die dem Einzelnen Gottes Liebe in Jesus Christus so einfach und persönlich nahe bringt, dass er sich mit seiner ganzen Person entscheiden kann, ein Jünger Christi zu werden. Evangelisation ist also Glauben weckende Verkündigung. Es gibt Verkündigung an Gläubige, ihnen muss vieles gepredigt werden. Sie müssen etwas hören vom Gebetsleben der Gläubigen, von der Heiligung,  von der Taufe und vom Abendmahl. Sie müssen etwas erfahren über die Lehre von der Wiederkunft Christi und vieles andere. Das ist aber nicht Evangelisation. Bei der Evangelisation begrenzen wir alles auf die eine Frage: Was muss dieser Mensch verkündigt bekommen, damit er die Erlösung in Jesus ergreifen kann? Wir lassen alles weg, was nicht zu diesem Zweck dient. Wir müssen also unterscheiden zwischen Theologie als Entfaltung des Glaubens und Evangelisation als Vermittlung der Glauben weckenden Botschaft.

Ich glaube, dass Evangelisation die größte Aufgabe ist, die die Kirche vollführen sollte. Unzählige Menschen sind nämlich nie evangelisiert worden. Auch nicht in Europa. Sie sind christianisiert worden, durch Schulunterricht manchmal, durch Kindergottesdienst mitunter Aber sie haben eins in zahllosen Fällen nie erlebt, nämlich das, was man eine Ganzhingabe an Jesus Christus nennen könnte, also eine personale Grundentscheidung für Jesus Christus, eine Bekehrung oder Lebensübergabe. Das haben sie zum Teil deswegen nicht erlebt, weil es ihnen buchstäblich niemand gesagt hat.

  1. Welches ist das Hauptmittel, das Instrument, durch das Gott evangelisiert?

Das Hauptmittel ist das Wort. Das wichtigste Mittel, das unüberbietbare Mittel ist das Wort. Ich betone das jetzt sehr stark.

Gott könnte zu uns ja auch durch die Musik oder die Natur sprechen. Aber kann denn jemand etwa durch ein Präludium von J. S. Bach zum Glauben kommen? Die Antwort ist nein. Denn nur durch das Wort spricht Gott eindeutig zu uns. Er kann zu uns durch Erlebnisse sprechen. Martin Luther ging in das Kloster, weil er bei einem Gewitter eine Bewahrung erlebt hat. Der Blitz schlug ein; er blieb am Leben, und er versprach Gott, ins Kloster zu gehen. Es gibt eine indirekte Rede Gottes durch Ereignisse, durch Lebensführungen und natürlich auch durch Orgelmusik, durch Klänge, durch Schönheit, durch Erlebnisse in der Natur. All das kann Gott benutzen, um indirekt zu reden. Aber direkt, eindeutig, unmissverständlich spricht er durch das Wort.

Ich denke, dass sich alle christlichen Richtungen an dieser Stelle einig sind. Gott spricht auch in gewissem Sinne durch Gefühle. Wenn einer sich also plötzlich wie vom Boden erheben kann, wenn er so eine Wärme den Rücken herunter verspürt, dann darf er unter gewissen Voraussetzungen auch sagen, Gott hat zu mir gesprochen. Aber so etwas  ist nicht im letzten Sinne eindeutig, denn diese Dinge können auch aus rein psychologischen Gründen vorkommen oder aus Gründen, die der Arzt behandeln muss.

Das Wort macht Gottes Handeln eindeutig. Das Wort macht Erfahrungen etc. eindeutig. Darum betont die Bibel das Wort so stark. Etwa in Römer 10,16-17: „Der Glaube kommt aus der Predigt“. Oder, genauer übersetzt: aus der Verkündigung. Verkündigung ist das Mitteilen oder besser gesagt die Proklamation dessen, was Gott in Jesus für uns getan hat. Also ist das herausragende Mittel der Evangelisation bis heute das Wort. Gerade wenn wir das betonen, was das Wort ergänzt, nämlich die Zeichen,  darf nie der Eindruck entstehen, dass etwa die Zeichen das Zentrum wären. Niemals. Gerettet wird ein Mensch nie durch die Zeichen, durch die Heilungen, durch prophetische Worte. Gerettet wird er, indem er das Wort von Jesus in seinem Herzen aufnimmt und diesem Wort glaubt und daraufhin Jesus sein Leben gibt.

  1. Was ist besonders an einer Evangelisation mit Zeichen und Wundern? Was kommt gewissermaßen hinzu bei dieser Form der Evangelisation?

Sie ist eine Verkündigung, in deren Zentrum das Wort steht, die aber begleitet wird von bestimmten sichtbaren Zeichen. Sie bringt das Wort und erwartet und erlebt, dass das, wovon das Wort redet, an denen, die das Wort hören, auch in sichtbarer Weise geschieht. Sie ist also eine Darstellung des Evangeliums, die sowohl rational ist als auch den Bereich des Rationalen übersteigt. Sie geht einher mit dem Erweis der Macht Gottes durch Zeichen und Wunder und lässt so Gottes Größe erfahrbar werden. Es geht um eine Demonstration der Macht Gottes. Durch diese übernatürlichen Begegnungen erfahren Menschen die Gegenwart und Macht Gottes.

Welche Zeichen sind das? In erster Linie drei.

Nämlich: Heilungen, Befreiungen von bösen Mächten und prophetische Äußerungen. Die Totenerweckungen möchte ich jetzt wegen ihrer Seltenheit in die zweite Reihe stellen. Das gilt auch für bestimmte Naturwunder. Wenn Menschen heute irgendwo in der Wüste sind und kurz vor dem Verhungern stehen und nur ein Stück Brot haben,  dürfen sie wie Jesus bitten: „Herr, vermehre dieses Brot, denn wir brauchen unser tägliches Brot. Du hast uns erlaubt, so zu bitten.“ So eine Vermehrung wäre ein Naturwunder. Paulus wurde von einer Otter gebissen und alle warteten, dass er tot umfällt, aber er blieb am Leben – das sind auch Zeichen im Sinne von Zeichen und Wundern. Aber ich würde sie jetzt in die zweite Reihe stellen, weil sie im Neuen Testament nicht so häufig sind

  1. Wieso helfen diese Zeichen bei der Entstehung des Glaubens?

Gemäß der Bibel ist es erlaubt zu sagen, es ist leichter, zu glauben, wenn diese Zeichen da sind. Diese Zeichen sind allerdings kein Beweis. Das macht sowohl die Bibel klar wie auch die Erfahrung. Ein Beweis ist etwas, was man auch ohne Glauben anerkennen muss.

Wenn z.B. ein Mensch Krebs im Endstadium hatte und durch einen wunderbaren Eingriff Gottes geheilt wird, so ist die Tatsache für die Betroffenen nicht zu bestreiten. Mit Betroffenen meine ich die Person selbst, die nächsten Angehörigen und den behandelnden Arzt oder die behandelnden Ärzte. Aber es ist ganz abwegig zu glauben, dass einer dieser Leute deswegen zwangsweise glauben müsste. Es bleibt ein Raum der Entscheidung. Ein Mediziner kann etwa sagen, hier ist eine ungewöhnliche Veränderung, die Befunde sehen so und so aus und dieses Geschehen ist soweit nicht erklärbar. Aber niemand kann ihn zwingen zu sagen, Gott hat hier eingegriffen und ich muss jetzt daraufhin persönlich glauben.

Es gibt überhaupt keinen Glaubensbeweis. Solche Zeichen und Wunder sind Hinweise, aber keine Beweise. So ist es immer gewesen, sonst wäre Jesus nicht gekreuzigt worden. Seine Gegner sahen doch, was er tat! Aber dieses Sehen verstärkte ihren Widerstand und nicht etwa ihre Glaubensbereitschaft. Aus der Erfahrung kann man sagen, dass da, wo diese Zeichen und Wunder geschehen, die Kluft zwischen Glaubenden und Nichtglaubenden, zwischen Liebenden und Hassenden größer wird. Eine Kirche, in der Zeichen und Wunder geschehen, wird ganz schnell eine verfolgte Kirche. Das beweist die Apostelgeschichte. Es wird dadurch überhaupt nichts leichter, sondern alles ein wenig schwerer. Die Kämpfe werden härter. Die Herausforderungen werden tiefer.

Zeichen und Wunder waren in sich immer mehrdeutig. Sie luden ein, machten den Glauben aber nie überflüssig. Jesus lehnte Eindeutigkeit ab, die Glauben überflüssig macht. Jedes Zeichen ist ein Provokation zum Glauben, aber nie eine Dispensation (Befreiung) von Glauben. Zeichen und Wunder sind der Anlasser zum Glauben, führen aber in sich selber nicht zum Glauben. Das heißt auch, dass für Christen die Zeichen nicht die Bedeutung haben sollten, wie sie sie für die Ungläubigen haben sollen und dürfen. Für die missionarische Erstverkündigung gilt das Prinzip: Vom Sehen zum Glauben. Für Glaubende gilt: Vom Glauben zum Sehen.

Wenn wir als Glaubende permanent Zeichen und Wunder suchen, um Geisterfahrungen zu machen,  dann kommen wir in eine ungesunde Form der christlichen Existenz hinein.

Was aber bewirken nun diese Zeichen und Wunder? Sie machen neugierig. Sie wecken Fragen. Sie beunruhigen. Nun gehört das alles noch in den Bereich der Psychologie. Aber etwas anderes kommt hinzu: Sie erschüttern Menschen innerlich.

Es ist, als wenn die Sprache der Zeichen und Wunder tiefer dringt als in Verstand, Wille und Gefühl. Diese Sprache spricht das Herz des Menschen an. Man könnte das Ganze auch ganz platt deuten: Da kommt was Fremdes und da machen Menschen Glotzaugen. Aber die Bibel sagt nicht, dass sie glotzten, das sie gafften, sondern dass sie außer sich gerieten bei den Zeichen. Dass ein Erschrecken in sie kam. Vor wem? Vor der spürbaren Anwesenheit, Kraft und Liebe Gottes. Da ist etwas Numinoses, die Macht und die Faszination des Göttlichen leuchtet auf in den Zeichen und Wunder. Sie sprechen eine Sprache  – nicht nur von der Idee Gottes, sondern von der anwesenden Macht, Liebe und Zuwendung Gottes. Diese Sprache geht direkt ins Herz. Sie zwingt nicht. Aber sie lockt und berührt. John Wimber hat gesagt: „Durch PE [Power Evangelism] wird der Widerstand gegen das Evangelium auf übernatürliche Weise überwunden, und die Aufnahmebereitschaft für den Anspruch Christi ist gewöhnlich sehr hoch.“

  1. Sind diese Zeichen und Wunder die einzigen Zeichen des Glaubens?

Nein, die Sakramente z. B., also Taufe und Abendmahl, sind auch Zeichen, die Gott setzt. Das Abendmahl ist ein Zeichen, ein von Gott gegebenes Zeichen seiner Gnade. Die Taufe auch. Die Handauflegung ist ein Zeichen der Liebe Gottes. Ein verändertes Leben ist ein Zeichen des Glaubens. Viele sind dadurch zum Glauben gekommen, dass sie mindestens eine Person trafen, die anders geworden war. Und das strahlte etwas aus. Das machte fragend und neugierig. Ein Zeichen des Glaubens, ein Zeichen der Gnade Gottes ist auch die Liebe der Christen zu anderen. Und Liebe, die sich den Verlorenen zuwendet. Das sind Zeichen des Glaubens, wodurch Menschen ins Fragen kommen können, ob sie nicht auch Christen werden wollen.

Wir haben damit jetzt einen weiteren oder erweiterten Zeichenbegriff, und dieser weitere Zeichenbegriff umfasst alles, was Gott tut, um seine Gnade spürbar, sichtbar und anschaulich werden zu lassen. Und wir haben einen engeren Zeichenbegriff, der umfasst Heilungen, Befreiungen, prophetische Äußerungen und die etwas weniger häufigen Zeichen wie Bewahrung vor dem Tod, Totenerweckung und ähnliches.

  1. Warum werden dann die Zeichen und Wunder im engeren Sinne so betont?

Im Neuen Testament werden diese weiteren Bereiche, die ich eben alle nebeneinander stellte, nie mit dem Ausdruck Zeichen und Wunder bezeichnet. Dieser Fachausdruck wird tatsächlich ausschließlich für die außerordentlichen Eingriffe Gottes bezeichnet, von denen ich am Anfang sprach. Meine erste Antwort darauf ist also, weil die Bibel es auch tut. Wenn von den Zeichen und Wundern die Rede ist, die den Dienst Jesu flankiert haben, wenn von den Zeichen und Wundern die Rede ist, die den Dienst des Paulus begleitet haben, wenn von den Zeichen und Wundern die Rede ist, die in Markus 16 stehen oder in Hebräer 2, sind es immer Dinge, die mit Heilungen, Befreiungen usw. zu tun haben. Und nicht die vielen anderen Dinge. Die Frucht des Geistes, also die Veränderung des Wesens, wird nicht als Zeichen und Wunder bezeichnet.

Der zweite Grund, warum wir das so betonen, ist, weil wir hier einen Nachholbedarf haben. Es ist immer so, dass man zu gewissen Zeiten gewisse Dinge betonen muss, weil sie aus dem Verkehr gekommen sind. Die Kirche muss immer die Dinge besonders betonen, die im NT oder besser in der ganzen Bibel vorgesehen sind, aber die man nicht mehr erlebt. Nehmen wir an, wir wären völlig kundig in dem Bereich der Zeichen und Wunder und die Lieblosigkeit würde um sich greifen, dann müsste solange über Liebe gepredigt werden – nicht über Zeichen und Wunder -, bis dieses Kostbarste, was es gibt, die Liebe unter den Christen, wie eine Flamme aufsteigt. In dieser Zeit müssen wir meiner Meinung nach, Woche für Woche, Jahr für Jahr darum ringen, dass diese verlorenen Elemente des Glaubens wieder hineinkommen. Die Kirche muss sie wiederfinden.

  1. Ist eine Evangelisation ohne Zeichen und Wunder eine Evangelisation ohne Vollmacht?

Ich möchte mit großen Nachdruck antworten: Nein. Wer das behauptet, geht zu weit. Wer das behauptet, wertet Frauen und Männer ab, die Gott sehr gesegnet hat. Wer das behauptet, ist ungerecht. Es hat lange Zeiten gegeben, wo Gott einfach nicht diese Zeichen geschenkt hat. Aber Menschen sind evangelisiert worden. Und sie sind zum Glauben gekommen. Meine Sicht ist: Eine Evangelisation ist ohne Vollmacht, wenn nichts geschieht. Denn Vollmacht wirkt sich immer aus, früher oder später. Aber zu sagen, dass da, wo die Zeichen und Wunder fehlen, die Vollmacht fehlt, das geht zu weit. Wir haben einfach Beispiele dafür, nehmen wir den großen Evangelisten Billy Graham. Nur Gott weiß, wie viele Tausende und Hunderttausende durch seinen Dienst zum Glauben gekommen sind. Aber seine Verkündigung war nicht gezeichnet durch solche Zeichen und Wunder. Soll man sagen, er hatte keine Vollmacht? Man darf es nicht sagen. Das Ergebnis beweist, dass er Vollmacht hat. Wo keine Frucht erkennbar ist, wo Menschen sich nicht ändern, wo niemand zum Glauben kommt, da hat offenbar die Vollmacht gefehlt. Aber nur dann hat sie gefehlt. Lasst uns also nicht sagen, Vollmacht zeigt sich nur an Zeichen und Wundern. Lasst uns lieber sagen, Vollmacht zeigt sich auch an Zeichen und Wundern.

Gott möchte etwas Verlorenes wiederschenken. Das ist der Punkt. Er hat beschlossen, in seiner Güte der Christenheit etwas zurückzugeben, was sie über lange, lange Zeit nicht einmal bewusst entbehrt hat. Viele haben gar nicht gemerkt, dass da was fehlt. Viele haben gesagt, ja, das wollte Gott jetzt auch gar nicht. Er wollte das nur für die erste Zeit der Kirche. Da waren die Zeichen und Wunder so etwas wie ein Anlasser. Ein Anlasser am Auto ist nötig, damit das Gefährt in Bewegung kommt. Wenn es aber fährt, braucht es keinen Anlasser mehr. So haben einige gesagt, diese Zeichen und Wunder waren nur für die erste Zeit, bis die Kirche richtig begründet war. Wir glauben das nicht. Ich denke, die Kirche hat etwas nicht mehr gesucht, was Gott ihr immer anbieten wollte. Und er hat in den letzten gut hundert Jahren die Sehnsucht in die Herzen seiner Kinder neu hineingelegt, und sie haben angefangen darunter zu leiden, dass da Dinge fehlen. Einer derer, die darunter besonders gelitten haben, lebte in Württemberg und hieß Johann Christoph Blumhardt. Er war ein Rufer in der Wüste. Bevor die Kirche nicht diese Zeichen und Wunder erlebt, ist ihre Verkündigung amputiert.

  1. Welches ist die Gefahr einer Evangelisation ohne die beschriebenen Zeichen und Wunder?

Wo die Zeichen und Wunder abgelehnt werden, ist die Evangelisation in Gefahr, sich zu stark an den Verstand zu wenden. Die Rettung durch Jesus Christus zu erklären ist richtig, und diese Wahrheit muss auch gesagt werden.

Aber was machen wir, wenn wir so mit Menschen reden? Wir argumentieren über  ihr Verständnis und versuchen ihnen klar zu machen, dass sie Sünder sind und Gott brauchen. Die Leute könnten dann sagen: „Entschuldigen Sie bitte, ich habe kein Interesse an dem Thema. Was nach dem Tode mit mir passiert ist mir wirklich egal.“ Wir können uns auch emotional an die Leute wenden, wir können ihr Gefühl ansprechen. Wir können stimmungsvoll Predigten halten. Wir können den Willen des Menschen ansprechen. Aber der Wille ist nicht das Innerste. Meine These ist folgende: Eine Evangelisation ohne Zeichen und Wunder steht in der Gefahr – muss nicht sein, aber steht in der Gefahr -, dass sie den Verstand, den Willen oder das Gefühl anspricht oder alles drei und doch noch nicht durchdringt zum Innersten. Denn das Innerste des Menschen ist nicht Verstand, Wille oder Gefühl, sondern das Herz.

Bei einer Evangelisation ohne Zeichen und Wunder besteht die Gefahr, dass nur die erreicht werden, die schon in einem gewissen Sinne offen sind. Die ein Bedürfnis haben oder die in einer Krise sind. Die sowieso schon am Suchen sind. Die Gefahr ist, dass durch diese Evangelisation die Gesunden, die Starken, die Erfolgreichen nicht erreicht werden. Die Chance der Evangelisation mit Zeichen und Wundern ist, dass Gott diese Menschen mit seiner mächtigen Hand berührt. Warum? Weil es eine Konfrontation mit der Macht Gottes ist. Die Chance ist, dass auf diese Weise auch die Gesunden, die Starken, die Erfolgreichen erreicht werden, weil Gott sich mit seiner Machtdemonstration vor sie stellt.

  1. Wird diese Theorie durch die Erfahrung bestätigt?

Die Theorie sagt, Gott erreicht auf diese Weise das Herz und nicht nur die Seele des Menschen. Also nicht nur Verstand, Wille und Gefühl. In der Bibel ist es ganz offensichtlich so. Und am schönsten kann man es in der Apostelgeschichte nachlesen. Es lohnt sich, die Apostelgeschichte mit dieser Frage durchzusehen: Wo berichtet sie von Zeichen und Wundern und wie wirken sie sich aus auf die Evangelisation und den Erfolg der Evangelisation?

Auch in der Kirchengeschichte bestätigt sie sich. Man muss wirklich sagen, dass das 20. Jahrhundert und das beginnende 21. Jahrhundert voll davon sind. Nicht nur China hat eine explosive Erweckung erlebt. Man schätzt die Zahl der Christen dort auf ca. 85 Millionen. Tatsache ist, dass diese Erweckung oder dieser Aufbruch in China ganz stark mit den Zeichen und Wundern zusammenhängt. Diese Erweckung in China nennt sich nicht charismatisch. Es ist auch nicht wichtig, wie sich etwas nennt, aber sie hat ganz stark diese Zeichen und Wunder in sich. Und das gilt für viele, viele Gebiete der Erde. Übrigens gab in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts eine Erweckung in Indien, die nicht so bekannt ist und auch diese charismatische Züge trug. Überall kann man feststellen, dass da, wo Zeichen und Wunder sind, Menschen nach dem Glauben fragen und in größerer Zahl zum Glauben kommen als sonst. Der stärkste Beweis für diese These liegt in den Pfingstkirchen. Die Pfingstler stellen die größte evangelische Gruppe dar, unter allen Kirchen, die es gibt. Nicht die Lutheraner sind die stärkste Gruppe, nicht die Anglikaner, nicht die Methodisten, nicht die Baptisten, sondern auf Weltebene sind die Pfingstler die größte evangelische Gruppe. Nur die Katholiken machen zahlenmäßig mehr aus. Und das in einem Zeitraum von etwas über hundert  Jahren. Ein rapides Wachstum. Warum? Weil sie in der Regel die Zeichen und Wunder erlebt haben, während sie evangelisierten. Das ist ein ganz großes Phänomen. Das müssten eigentlich auch die als Frage hören, die selber keine solche Beziehung zu den Pfingstlern haben.

  1. Kann jeder Christ auf diese Weise evangelisieren?

Ja oder Nein? Meine Antwort lautet: Ja und Nein. Ich meine das so: Nein in dem Sinne, das Gott seine Gnadengaben unterschiedlich verteilt. Es gibt geborene Evangelisten. Sie sehen immer gleich die evangelistische Chance. Und sie führen zahllose Menschen zum Herrn. Das ist ihre größte Freude. Es gibt aber auch den Dienst der Seelsorge. Es gibt den Dienst der Prophetie im Sinne von Gemeindeprophetie. Es gibt den Dienst der Leitung. Es gibt den Dienst der Lehre. Es gibt den Dienst der Diakonie. Und die sind alle wichtig. Es ist nicht biblisch zu sagen, jeder Christ ist ein Evangelist. Die Bibel sagt es nicht und die Erfahrung sagt es auch nicht. Und in diesem Sinne ist es gut, ganz nüchtern zu sagen, das einige dies in besonderer Weise tun werden und andere nicht so sehr.

Jetzt kommt die andere Seite derselben Wahrheit. Es ist wichtig, dass jeder Christ anerkennt, dass die Kirche, dass die Gemeinde evangelisieren muss und jeder seinen Teil in dem Ganzen spielt. D.h., einige sind Vollblut-Evangelisten, aber das müssen keine Pastoren sein. Manchmal sind es Geschäftsleute. Es kann sein, dass jemand von Beruf Friseur ist, und er ist ein Vollblut-Evangelist. Das merkt man daran, wie er seine Gespräche führt. Es gibt Pastoren, die Vollblut-Evangelisten sind. Und es gibt Pastore, die das nicht sind, die stark nach innen Hirten sind. Aber die Gemeinde muss diese Richtung bekommen. Und ich glaube, dass jeder von Gott gebraucht werden kann in diesem Dienst. Und in dem Sinne denke ich, dass es jeder ein Stückweit lernen kann. Jeder kann das Vertrauen haben, dass Gott auch ihn gebrauchen möchte in diesem Dienst. Und er sollte anerkennen, dass Gott in diesem Dienst andere etwas stärker gebraucht. Oder er sollte ja dazu sagen, dass dieser Dienst sein ganzes Herz ausfüllt. Das heißt, wir sollten einander frei geben, aber sehen, dass Gott uns alle mit unserem Teil dazu gebrauchen möchte. Und es erwarten, ein Herz dafür bekommen.

Und damit will ich schließen. Gott will, dass allen Menschen geholfen wird und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen (1 Tim 2,4). Das ist die Version der Lutherbibel. Es heißt im Originaltext aber etwas genauer, Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Und wenn Gott das will, dann ist ein Christ ein Mensch, der das auch will. Und der zu seinem Teil mit seinen Möglichkeiten an dieser Stelle mitarbeitet. Und in dem Sinne meine ich schon, dass wir alle an dieser Front mitkämpfen dürfen und sollen. Und dass wir alle etwas von diesem Geheimnis lernen können.

Ein Fazit: Zeichen und Wunder waren und sind wichtig. Eine missionarische Erstverkündigung, die nicht von Zeichen und Wundern begleitet ist, ist einen amputierte Verkündigung, sie hat nur ein Standbein. Sie kann vollmächtig sein und sich voran bewegen. Doch wie gut würde sie sich voran bewegen, würde sie auf beiden Standbeinen stehen!

Referat aus: Basis-Seminar 1991. Überarbeitete Fassung 2015

@ 1992 Anskar-Materialien

Das Gebet um Zeichen und Wunder: Eine Angelegenheit der ganzen Gemeinde

Warum sollte es nicht nur das Anliegen von einigen in der Gemeinde sein, dass Gott in ihr und durch sie Zeichen und Wunder geschehen lässt? Dafür gibt es viele Gründe!

  1. Jesus hat das Reich Gottes nicht nur proklamiert, sondern demonstriert. Seine Gemeinde ist die Vorhut des Reiches Gottes in dieser Zeit. Darum ist es das Anliegen jedes Christen, dass in der Gemeinde Zeichen und Wunder geschehen.
  2. Nach dem Neuen Testament zeigt sich das Erbarmen Jesu auch darin, dass er Kranke· heilte (Mt 14,14; 20,34). Der Gemeinde, in der Jesus mit seinem Erbarmen lebt, ist es also wichtig, dass durch sie Kranke geheilt werden – als Ausdruck ihres Erbarmens.
  3. Nach dem Neuen Testament war es wichtig, dass die Verkündigung der Boten durch Zeichen und Wunder beglaubigt wurde. Das beweisen viele Bibelstellen. Darum muss es die Sehnsucht der ganzen Gemeinde sein, dass auch heute die Verkündigung ihrer Boten durch Zeichen und Wunder beglaubigt wird.
  4. Jesaja 53 bezeugt, dass der Gottesknecht (Jesus) nicht nur unsere Schuld, sondern auch unsere Krankheiten und Schmerzen auf sich lud. Für die ganze Gemeinde ergibt sich daraus die Sehnsucht, dass Menschen nicht nur von der Last ihrer Sünde, sondern auch der ihrer Krankheiten befreit werden.
  5. Besonders das Johannes-Evangelium und die Apostelgeschichte zeigen, dass Menschen durch die Zeichen und Wunder Jesu Christi zum Glauben provoziert wurden. Hunderttausende von heutigen Erfahrungen bestätigen, dass sich Menschen dem lebendigen Gott eher öffnen, wenn sie mit seinem Wirken in Zeichen und Wundern konfrontiert werden. Darum muss es unser aller Anliegen sein, dass solche Zeichen und Wunder unter uns geschehen.
  6. Krankheit ist eine Vorform des Todes, und das Neue Testament lehrt, dass der Tod der letzte Feind Jesu ist. (1 Kor 15,26) In seinen Erdentagen trat er diesem Feind überall wirksam entgegen. So müssen auch wir als seine Gemeinde alle zusammen den Tod und seine Vorformen aktiv bekämpfen.
  7. Das erste Gebet, das von der Urgemeinde berichtet wird (Apg 4,31), enthält folgende Bitte: „Strecke deine Hand aus, damit Heilungen und Zeichen und Wunder durch deinen heiligen Knecht geschehen“. Wenn dies der ersten Gemeinde so wichtig war, muss es auch der heutigen Gemeinde immer wichtiger werden.
  8. Jesus Christus wies in Joh 14,12 darauf hin, dass jeder Gläubige die Werke tun könne, die er, Jesus, getan habe. „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und er wird noch größere als diese tun; denn ich gehe zum Vater“.

Bereits einer dieser Gründe würde genügen, um deutlich zu machen, dass wir als Gemeinde das Thema Zeichen und Wunder sehr ernst zu nehmen haben. Sie alle zusammen lassen uns aber keine andere Wahl. Dies bedeutet nicht, dass der einzelne Gläubige in unserer Gemeinde ständig für die Kranken betet oder andere Zeichen und Wunder vollführt. Es heißt jedoch, dass jeder von uns dieses Anliegen auf einem betenden Herzen tragen muss. In dem Maße, indem wir dies tun, und zwar mit wachsendem Vertrauen in Jesu Macht, werden wir neue und größere Erfahrungen der Kraft des Herrn machen.

@ 1992 Anskar-Materialien

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Gepostet am

15. Juni 2016

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